Ich laufe jetzt mal spontan Gefahr, mir's hier mit ein paar Leuten zu verderben:
Meiner Meinung nach sollten "eigentlich" verkehrsschilder genügen. Tun sie aber nicht. Die Menschen wissen ja alles besser, Verkehrsschilder sind maximal eine "freundliche Empfehlung unseres Verkehrsministers", ein Kollege kalkuliert das Geblitzt-Werden samt Bußgeld gleich mit in die Autokosten ein. Hallo? Wo sind wir denn? Ja, ich nerve manche anderen Autofahrer, weil ich mir erlaube, mich an GESETZE zu halten. Weil ich 80 (nicht die 80, die auf dem Tacho stehen, sondern "reale" 80) fahre, wo 80 steht. Sind wir eigentlich ein Volk der Sich-Selbst-Überschätzer? (Jaja, das sind nicht nur die Deutschen, ich glaube, das ist überall so...)
Ja, ich wurde auch geblitzt. Ja, ich bin früher auch 120 auf der Landstraße gefahren, in "bekannten" 60er-Beschränkungen 100... und erwischt hat man mich sehr lange nicht. Dann eher zufällig zweimal innerhalb eines Jahres. Zitat aus dem zweiten Bußgeldbescheid: "Bei Wiederholung droht Entzug der Fahererlaubnis". Das hat gesessen. Trotzdem gibt es auch heute noch Beschränkungen, die ich für sinnlos halte - und doch wenn irgend möglich einhalte, weil meine Mobilität mir wichtiger ist (und die Geldbörse nicht so riesig ist, dass es mir egal wäre). Natürlich: Auch ich übersehe mal eine Beschränkung, oder bei 200 km/h auf der Autobahn kommt eine 120 km/h-Beschränkung unerwartet - dann bin ich kurzzeitig zu schnell (und bremse so "sozialverträglich", dass ich keine Unfälle damit provoziere). Aber ich versuche zumindest, mich an die "Spielregeln" zu halten. Und ich glaube, das ein nicht geringer Teil von Unfällen verhindert werden könnte, würden (noch) mehr Menschen das tun.
Beispiele aus meinem Alltag:
- Fahrt mal zu beliebiger Uhrzeit (außer im Feierabendstau) auf dem Mittleren Ring in München. 60 sind erlaubt, 80 wird gefahren. Ich bin fast schon ein Verkehrshindernis, weil ich mir erlaube, 60 zu fahren. Sie Situation ist beliebig auf jede andere Stadt übertragbar.
- Gestern blinkt mich ein städtischer Linienbus an, weil ich an einer Stelle, an der mit Sicherheit nicht mehr als 50 km/h erlaubt waren, seiner Meinung nach 60 gefahren werden darf/soll/muss (ja, das war bis vor 10 Jahren dort auch tatsächlich so).
- Fahrt mal auf einer Autobahn 80 - z. B. mit Anhänger. Mit Anhänger "geht es ja noch" (wobei auch hier massig Leute offenbar genau wissen, dass man mit Anhänger auch 120, 140, 150 fahren kann, das ist aber ein anderes Thema), aber ohne...! Jeder LKW drängelt, blendet auf, fährt mit 2 Meter "Sicherheits"abstand, überholt - ob es geht oder nicht. Was war gleich das gültige Tempolimit für LKW? Genau... Und was wird dagegen getan? Genau...
- Autobahnring Westumfahrung München, A99, Allacher Tunnel: 200 Meter nach dem Tunneleingang hängt ein festinstallierter Blitzer. Genau dort wird 80 gefahren, davor und danach wird man fröhlich überholt. Das gleiche Spiel kurz vor dem Tunnelausgang.
Mir stellt sich die Frage, wohin uns das führt. Auch Blitzerwarnungen, egal wie legal oder nicht, finde ich sinnlos. Potentielle und notorische Raser wissen so nur, wo sie "aufpassen" müssen - direkt danach geht man wieder aufs Gas. Als "mein" damaliger Radiosender mit diesen Warnungen (als einer der letzten) anfing, habe ich den Sender dauerhaft gewechselt. Ich will nicht gewarnt werden - ich will anständig fahren, mache das auch in den allermeisten Fällen - und fahre gut damit.
Wenn mich jemand fragen würde - und es irgendwie finanzierbar wäre - würde ich an jedem Verkehrsschild direkt eine Geschwindigkeitskontrolle durchführen. Oder so häufig unangekündigte Kontrollen an ständig wechselnden Orten, dass die Gefahr "erwischt" zu werden, bei weit über 50% liegt. Und, wie die Italiener, bei größeren Verstößen das Auto konfiszieren und versteigern. Da würden sich manche das Rasen schnell abgewöhnen.
Ja, Verstöße kann man anzeigen. Ja, ich mache das auch - aber nur in besonders extremen Fällen. Der Zeitaufwand, wegen dieser blöden Anzeige zwei Stunden auf der Polizei zu sitzen, dann ggf. noch irgendwo als Zeuge auszusagen, das ist zu viel des Guten. Deshalb macht es auch keiner. Der Letzte, den ich angezeigt habe - wegen Nötigung - war danach um 6.000 Euro ärmer. Ich hoffe, er hat sich's gemerkt...
Die Alternative, die ich häufiger nutze, da mit wesentlich geringerem Zeitaufwand machbar: Bei Firmenfahrzeugen, deren Fahrer sich danebenbenehmen, die darauf geschriebene Rufnummer anrufen, die Autonummer mitteilen, darum bitten, dass mit dem entsprechenden Fahrer ein ernstes Wort geredet wird - und die Möglichkeit einer Anzeige deutlich machen. Und: Nein, ich notiere keine Parksünder in meinen Notizblock!
Seid mir nicht böse, aber dieser tägliche Kleinkrieg auf den Straßen - anders kann ich es nicht nennen - das ist weit entfernt von dem, was ich als "anständig" bezeichne. Das bedeutet nicht, dass nicht auch ich mal einen Sonntagsfahrer dort überhole, wo es "nicht so ganz legal" ist, dass ich jemanden in der 80er-Strecke überhole, der nur 70 fährt - und beim Überholen selbst kurzzeitig auf 90 oder 100 komme. Mir geht es nicht darum, stur immer alles einzuhalten, "Kadavergehorsam" auszuleben - aber eben auch nicht nur notorisch zu schnell zu fahren, "weil man es kann" - und "weil man sowieso nicht erwischt wird". Letzteres scheint ja beinahe eine Tatsache zu sein.
Ausführlich Stellung nehmende und dabei eine kontroverse Diskussion (im OT-Bereich?!) geradezu heraufbeschwörende Grüße,
fluteman