Da mein guter alter Treo 650 leider nun endgültig kaputt gegangen ist, stand ich zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt vor einem Problem: gut erhaltene Treo 650 gehen bei eBay zwischen 90 und 120 Euro raus und der Palm Pre war schon angekündigt.
Der Centro und der Treo 680 kamen für mich aus Verarbeitungsgründen nicht in Frage – ich hatte genug Gelegenheiten die Geräte in der Familie und bei Arbeitskollegen ausgiebig zu testen. Allein schon der Stylus beim Centro war für mich ein absolutes KO-Kriterium.
Und auf den Pre warten und jetzt erstmal mit einem Altgerät weitermachen? Da ich mir ziemlich sicher bin, dass keine der bisherigen Palm Anwendungen auf einem Pre weiter laufen wird, da es schlicht mit dem neuen Bedienkonzept kollidiert, habe ich mir mal angesehen, welche meiner bisher verwendeten Programme auf anderen bereits verfügbaren Plattformen laufen.
Dabei sah mein Anforderungsprofil wie folgt aus:
Anforderungen an die Software
Telefonieren, Termine und Kontaktdaten verwalten, E-Mails lesen sowie Nachschlagewerke verwenden. Kurz, der Treo ist bei mir ein Arbeitsgerät– Multimedia oder Spielefunktionen sind mir nicht wichtig.
Meine Hauptanwendungen sind DateBk6, Brockhaus, Duden-Serie, die SplashData-Palette (vor allem SplashID und SplashMoney) und Bonsai.
Die Qual der Hardware-Wahl
Nachdem ich die Software durchgearbeitet hatte, blieben als Plattformen nur noch Blackberry, das Apple iPhone und die Nokia e-Serie übrig. Da selbst von Palm gefertigte Windows-Geräte nur absolut mäßig laufen, kam dies von vorneherein nicht in Frage. Proprietäre Geräte schieden aus, da die meisten meiner Anwendungen dort nicht zur Verfügung stehen.
Das iPhone fiel raus, da ich mich für ein reines Touchscreen Gerät nicht begeistern kann, mir fehlt die taktile Rückkopplung einer Tastatur bei Eingaben.
Nokia Geräte sind für einen Bochumer seit einem Jahr eine gefühlsmäßig schwierige Angelegenheit, umso einfacher war es, dass mich die Langsamkeit und das Bedienkonzept wenig überzeugten.
Blieb also nur Blackberry. Bei einem Besuch im T-Mobile Geschäft habe ich mir ausgiebig den Blackberry Bold 9000 und den Blackberry Curve 8900 vorführen lassen, angesehen und ausprobiert.
Vom Funktionsumfang ist der Bold ein tolles Gerät, HSDPA, WLAN und viel Speicher, sehr solide Verarbeitung mit einem stabil wirkenden und vollständig um das Gerät laufenden Metallrahmen. Ich hätte mich wahrscheinlich für den Bold entschieden, wenn ich nicht den Curve in der Hand gehalten und meinen Treo dabei gehabt hätte:
Der Bold ist vom Formfaktor etwa 1 cm breiter. Dieser Zentimeter ist – zumindest für meine Hand - zu breit, der Treo und Curve (beide mit etwa gleicher Breite und Höhe) liegen einfach besser in der Hand.
Ein weiterer Grund warum der Bold (auch aufgrund des Preisunterschiedes) ausschied, war, dass ich schnelle Datenverbindungen eigentlich nicht brauche: Text-E-Mails lassen sich über den GSM Modus „EDGE“ problemlos übertragen und die Internetseite die ich besuche, bieten alle auch PDA optimierte Ausgaben an. Da ist mir Akkulaufzeit im Endeffekt doch wichtiger.
Ein Aspekt könnte aber für andere Nutzerinnen und Nutzer interessant sein:
Wer mit dem Laptop ins Internet will kann ein Mobiltelefon als Modem nutzen – ich habe dazu eine separate PCMCIA-Datenkarte mit eigener SIM. Für mich ist dabei der Vorteil, dass ich dadurch gleichzeitig telefonieren und im Netz arbeiten kann.
Die Verarbeitung des Curve kann man als hochwertig bezeichnen – nicht so gut wie beim Bold, aber immerhin nach Schulnoten ein „gut plus“.
Palm Nutzer trifft auf die Blackberry Welt
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von T-Mobile waren sichtlich irritiert, dass ich zum Start von Applikationen und auswählen von Feldern teilweise reflexartig auf den Bildschirm getippt habe – die Symbiose zwischen Tastatur und Touchscreen hat bei Palmgeräten schon einen gewissen Charme und das habe ich nach über 10 Jahren Palm Nutzung wohl mehr als verinnerlicht.
Ich musste mich also mit dem vom Blackberry bei den neuen Geräten eingeführten Trackball als Ersatz für das 5-Wege Navigationssteuerkreuz auseinandersetzen – und es geht erstaunlich gut. Diese ist Idee ist für Geräte die keinen Touchscreen besitzen einfach (im doppelten Sinne) genial. Man kommt damit zügig über den Bildschirm und muss nicht ständig auf einen Steuerkreuz tippen (ein Grund der u. a. gegen die Nokias e-Serie gesprochen hat).
Nachdem ich mir die einzelnen Programm angesehen habe und überrascht war, was von Hause aus alles mitgeliefert wird, stand für mich die Entscheidung fest: das nächste Smartphone wird ein Blackberry.
Lieferung und erster Neustart
Mein Mobilfunkanbieter hat mir innerhalb von 2 Tagen ein Neugerät zugesendet und schon der Anschluss an das Ladekabel erfreut, vor allem einen eingefleischten Palm Nutzer: ein Standard-USB-Anschluss – zwar Micro-Format, aber immerhin. Im Lieferumfang sind ein internationale Ladegerät, ein USB-Kabel, eine Leder-Tasche und ein Stereo-Headset (3,5er) und die Desktop-CD dabei.
Nachdem der Curve geladen, SIM-Karte und microSD-Karte eingelegt waren, startete ich das Gerät – und musste mich gedulden. Wer auf den Startvorgang von Treos schimpft, der hat noch keinen Blackberry in Händen gehalten: der Kaltstart dauert dort etwa 2 bis 3 Minuten. Man muss allerdings zur Ehrenrettung dazu sagen, dass ich diesen Zustand nach nun zwei Wochen erst zwei weitere Male ertragen musste, da das Gerät zwei Abschaltzustände kennt: den einfachen, welcher keinen Kalt-Neustart erfordert und den vollständigen. Ersteren würde ich mit dem Hibernate Modus vom PC vergleichen.
Was sofort auffällt und mich immer wieder beeindruckt: der Display: 480 x 360 Pixel Auflösung auf einer Fläche die annähernd dem Treo 650 entspricht ist toll. Die automatische Helligkeitsregelung des Displays erfreut ebenfalls.
Die Akkulaufzeit ist ok. 2 Tage bei intensiver Nutzung (davon 8 Stunden in mäsig versorgten Zügen) und der Akku ist noch 25 % gefüllt.
Die Werkssoftware
Blackberry Geräte haben ihren Schwerpunkt auf Kalender, Adressen, Aufgaben und Memos – alle was man mit Exchange und Co so synchronisieren kann. Die Anwendungen sind alle grundsolide und arbeiten zuverlässig – ich vermisse einige Fähigkeiten von DateBk, aber nicht so sehr, das ich mir den Palm zurück wünsche, aber vielleicht findet Pimlical irgendwann seinen Weg auf den Blackberry.
Die Telefonapplikation ist deutlich besser als auf dem Treo: neue Einträge werden auch ohne Zusatzsoftware in den Anruflisten aktiviert und man kann sich dort z. B. alternative Rufnummer anzeigen lassen, wenn auf die in der Anrufliste gewählte Nummer nicht erreichbar ist.
Darüber hinaus sind Documents2Go, Navigationssoftware, Diktiersoftware, vier Spiele und viele System-Einstellungsassistenten verfügbar.
Alles ist editierbar
Wer Butler auf seinem Treo mag, der wird von einem Blackberry entzückt sein. Man kann bei diesen Geräten anscheinend alles einstellen und viele Dinge die man sich bei Palm über Drittanbieter dazu kaufen kann, sind hier schon in das Betriebssystem integriert. Angefangen über den Einstellungen zur LED, Bildschirm, Klingeltönen, Themes und Co, es gibtVerschlüsselung des Gerätes und der Erweiterungskarte, man kann für alle Anwendungen dediziert Rechte vergeben und (einen entsprechenden Server vorausgesetzt) dies alles auch aus der Ferne machen.
Ich kann aus diesem Grund gut verstehen, warum Administratoren die Unternehmensrichtlinien durchsetzen müssen auf Blackberry Geräte setzen. Es verhält sich dabei nur ein bisschen wie bei DateBk: von dem Umfang habe ich bis jetzt vielleicht ein Drittel genutzt, den Rest muss ich mir nach und nach anschauen.
Exchange
Über einen Exchange-Anbieter habe ich mir ein entsprechendes Konto eingerichtet und bin von der Synchronisation sehr angetan. Via Webinterface oder Outlook eine neue Adresse oder Termin eingetragen: Sekunden später ist das Gerät auch auf dem Stand. Das Gleiche gilt natürlich auch für den Rückweg bei Änderungen auf dem Curve. – bye, bye HotSync.
Weitere Ausstattung
Der Curve verfügt von Hause aus über GPS, WLAN und eine 3,2 MP Kamera mit LED-Lampe. GPS ist für Google Maps und Navigation sehr nett (wieder eine kleine externe „Kiste“ weniger, die man immer dann nicht dabei hat, wenn man sie braucht).
Bei WLAN hat sich bei mir der Effekt eingestellt, den ich vorher vermutet habe: ich nutze es nicht, weil ich es nicht brauche. Die Kamera macht brauchbare Fotos, löst aber etwas verzögert aus.
Eingabe
Das Tastaturlayout ist bei QWERTZ mit €-Zeichen – die Tasten sind absolut gleichwertig mit dem Treo 650.
An dieser Stelle vermisse ich aber auch etwas den Palm: die ALT-Taste zur Eingabe von Sonderzeichen ist zwar, neben einer Symbol-Taste, auch auf dem Curve vorhanden, aber Blackberry hat es schlechter umgesetzt: Wenn man Umlaute (und zwar nur Umlaute) eingeben will, muss man den Buchstaben gedrückt halten und mit der zweiten Hand den Trackball drehen – das geht gut, widerspricht aber diametral dem Konzept der Einhandbedienung, das ansonsten sehr gut umgesetzt wurde. Blackberry hat allerdings eine Auto-Textfunktion eingebaut, mit der man diesen Umstand etwas entschärfen kann: via Makro kann man z.B. die Eingabe „Leerzeichen“ „ae“ „Leerzeichen“ automatisch durch ä ersetzen lassen, dabei werden die Leerzeichen auch automatisch getilgt
Zubehör
Mittlerweile habe ich mir aus dem Blackberry Shop die Ladestation, eine Gummihaut (Skin) und einen drehbaren Holster gekauft. Bei letzterem wird das Detaildenken schön deutlich: in dem Holster ist ein Sensor integriert auf den derBlackberry reagiert und z. B. das Profil ändert und die Tastensperre aktiviert. Daneben habe ich mir bei Thorsten auch eine Schutzfolie bestellt.
Zwischenfazit
Ich habe den Blackberry Curve nun zwei Wochen und bin mit ihm ausgesprochen zufrieden. Mittlerweile laufen der Brockhaus, die Duden Anwendungen und SplashID darauf (pdassi bietet 50 % Rabatt beim Systemwechsel, bei SplashData zahlt man 9 $ pro Anwendung).
Nach über 10 Jahren Palm Nutzung bin ich überrascht wie schnell ich meinen Treo hinter mir lassen konnte. Das spricht aus meiner Sicht weniger gegen Palm als für den Blackberry. Denn eines habe ich auch festgestellt: das Gesamtbedienkonzept bei dem Treo ist so gut, dass es immer noch für mich die Richtlatte für alles andere im tastaturbasiertem Smartphone Markt setzt.
Wenn es noch neue Punkte gibt, werde ich den Bericht demnächst ergänzen.