Quelle : Hamburger Abendblatt
Der High-Tech-Schnitzeljäger
Andreas Goetzkes ist ein Geocacher: Mit einem GPS-Gerät spürt er in seiner Freizeit "Schätze" auf
Von Andreas Burgmayer
Norderstedt - Manchen von Andreas Goetzkes (40) Freunden fehlt das Verständnis für dieses ausgefallene Hobby. "Die finden es albern, über Stock und Stein zu stolpern, um versteckte Tupperdosen im Unterholz aufzustöbern", sagt Goetzke. Doch diese Freunde spüren nichts von der tiefen Sehnsucht, die echte Geocacher bei Regen wie bei Sonne auf Berge, in Höhlen, in Wälder oder auf die weite See treibt: Die Sehnsucht nach Abenteuer, dem Unbekannten und dem unkalkulierbaren Risiko.
Geocacher (sprich "Geokäscher") sind High-Tech-Schnitzeljäger. Mit dem Pfadfinder- und Kinderspiel ist ihr Hobby aber nur im Ansatz verwandt. Es gilt einen Weg zu finden, an dessen Ende ein "Cache" versteckt ist, in der Regel eine Brotdose oder ein Blechkanister. Darin: Kinderkram, Werkzeug, ein Dosenöffner. Kleine Give-aways als Erinnerung. Und: Ein Log-Buch, in das der Finder sich einträgt. Der schnöde Inhalt des "Cache" lässt es vermuten: Der Weg ist das Ziel. Und den finden Geocacher nicht durch Holzschnitzel oder Pfeile an Bäumen, sondern mit einem GPS-Gerät, das dem Suchenden satellitengesteuert den Weg durchs Dickicht weist.
"Ich bin ein bequemer Mensch, der sich früher nur selten zu einem Spaziergang aufraffen konnte", sagt Goetzke. Der Medien- und Kommunikationsberater aus Norderstedt erfuhr über sein Interesse an GPS-Navigation von der weltweiten Gemeinschaft der Geocacher, die ihren Treffpunkt unter http://www.geocaching.com haben. Goetzke: "Erst das Geocaching gibt mir einen Grund, in die Natur aufzubrechen." Seit einem Jahr ist Goetzke dem Geocaching verfallen, seither hat er über 100 Caches aufgespürt.
Zur Demonstration dient an diesem verregneten Septembertag der Kiesow-Cache in Norderstedt. Der ist im Internet verzeichnet - so, wie Hunderte andere Caches weltweit, 25 Meter tief in der Ostsee, auf nepalesischen Bergen oder in der amerikanischen Wildnis.
Goetzke, in der Geocacher-Szene als "vierlagig Deluxe" bekannt, schaltet sein "Garmin GPSmap 60 CS" ein. Es kostet 650 Euro, hat ein Farbdisplay, zeigt die Welt als bunte Landkarte an und orientiert sich per Satellit mit einer Genauigkeit von plusminus fünf Metern. Goetzke: "Geochaching ist nicht billig. Dazu kommen die Fahrtkosten: Für die guten Caches muss ich manchmal 300 Kilometer weit fahren." Für den Autoverwerter Kiesow zeigt Goetzkes GPS die Position N 53 Grad 44.324, E 009 Grad 58.901. Nun startet die Hatz: Zuerst muss ein Rätsel gelöst werden. Aus Zahlen und Buchstaben auf dem Kiesow-Öffnungszeiten-Schild, muss Goetzke die neuen Koordinaten für die nächste Station kombinieren. Er rechnet und tippt auf dem Gerät herum, während der Nieselregen fällt. "Luftlinie 795 Meter, diese Richtung!" Die elektronische Kompassnadel des GPS zeigt nach halbrechts in ein Gebüsch.
Anwälte, Ärzte, Arbeiter, Familienmenschen oder Singles - so ziemlich alles sei unter den Geocachern vertreten, sagt Goetzke. Er sei Single, mit einem Hang zu "Lost places": "Ich liebe es, in alten Ruinen zu suchen, in verschütteten Bunkern oder Höhlen. Manche Caches führen einen an atemberaubend schöne Orte", sagt Goetzke. Er hat ein paar Freunde, die ihn auf der High-Tech-Jagd begleiten. "Aber oftmals ist es schade, dass ich besonders schöne Touren nicht mit jemandem teilen kann."
Der Kiesow-Cache hat uns zu einem blauen und gelbem Schild nahe einer Kuhweide geführt. Gas- und Wasseranzeiger und das nächste Rätsel. Wieder werden Zahlen und Buchstaben der Schilder kombiniert. Das GPS-Gerät weist in Richtung eines schlammigen Feldwegs, eine Herde Schwarzbunte wundert sich über unverhofften Besuch.
Geocacher sind Menschen, die abseits gängiger Weg zu Hause sind. "Es soll Kollegen geben, die zufällig Leichen gefunden haben", sagt Goetzke. Sein spektakulärster Zufallsfund war eine aggressive Ringelnatter unter einem Findling, die ihn wutentbrannt ansprang.
Nach einem kurzen Gang entlang der Kuhweide piepst das GPS. Die Spannung steigt: "Hier liegt der Cache!", sagt Goetzke. Um uns ist dichtes Gestrüpp, wilder Müll und Matsch. Und das alte Rad eines Treckers. Ein Griff in die Radnabe - eine "Tullamore Dew"-Whiskey-Dose mit Kinderspielzeug und Logbuch kommt zum Vorschein: Der Cache. Geschafft. Für Goetzke war das nur eine Fingerübung. Er träumt von "Lost places": "Irgendwann mit Sherpas einen Cache in Nepal ausheben - das wärs."
Wichtigster Link : http://www.geocaching.de/
Einen Cache habe ich bereits ausfindig machen können
Mit iQue und Kinderwagen
Sehr nützlich : Die Freeware Cetus GPS
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